Emmy Wechßler

Ulm
1919-1933
DDP

Emmy Wechßler gehört neben Agnes Schultheiß (1873-1959, Zentrum) und Katherine Lutz (1882-1962, SPD) zu den ersten drei Stadträtinnen in Ulm. An Wechßlers umfangreiches gesellschaftliches Engagement für die Stadt Ulm erinnert bis heute eine Straßenbahn, die nach ihr benannt wurde.

Katharina Emilie Gindorfer, genannt Emmy, wurde am 17. Dezember 1883 in Neu-Ulm als Tochter des Kaufmannes Anton Gindorfer und seiner Frau Susanna geboren. Nach ihrem Schulbesuch in Neu-Ulm und Ulm, war sie als Schauspielerin in Bayern und Württemberg tätig und spielte unter anderem in München neben Albert Bassermann.

1908 heirate sie den Tabakwarenfabrikanten und Dichter Adolf Wechßler aus Ulm. Beide teilten die Leidenschaft für Theater und Literatur. Adolf Wechßler war 55 Jahre älter als sie, starb bereits im Jahr 1914 und hinterließ Emmy Wechßler ein umfangreiches Vermögen.

Bereits in frühen Jahren engagierte sich Wechßler in sozialen und politischen Bereichen: So gehörte die 20-jährige Wechßler 1904 zu den Gründungsmitgliedern der Ortsgruppe Ulm/Neu-Ulm des Vereins „Frauenbildung – Frauenstudium“ und wurde später auch deren Vorsitzende. Der Verein setzte sich für eine gleichberechtigte Frauen- und Mädchenbildung ein, kümmerte sich um Krippenplätze, vergab Stipendien an begabte Ulmer Mädchen und organisierte Wohltätigkeitsveranstaltungen.

Umfassend engagierte Wechßler sich auch – unter anderem durch Vorträge – für eine aktive politische Beteiligung der Frauen und für die Einführung des Frauenwahlrechts. Wechßler selbst trat in die Deutsche Demokratische Partei (DDP) ein und wurde schließlich bei der ersten Gemeinderatswahl in Ulm am 11. Dezember 1919 gewählt. Dem Ulmer Gemeinderat gehörte sie dabei bis zum Jahr 1933 an. Der Schwerpunkt ihrer politischen Arbeit  lag auf sozial- und kulturpolitischen Themen. Wechßler war insgesamt eine der beliebtesten und bekanntesten Kommunalpolitikerinnen und Bürgerinnen der Stadt Ulm. 1931 absolvierte sie außerdem als eine der ersten Frauen in Ulm die Führerscheinprüfung.

Im März 1948 erweckte Wechßler mit Martha Hahn, der Frau des DVP-Vorsitzenden Friedrich Hahn, den Frauenbildungsverein – nun mit dem Namen „Frauenbildung – Frauendienst“ (ab 1991: „Frauenring Ulm Neu-Ulm e.V.“) – erneut zum Leben. Dieser hatte sich 1944 aufgelöst, um seine Überführung in die NS-Frauenschaft zu verhindern.  Im Mittelpunkt der Vereinsarbeit standen nun die Unterstützung der Frauen beim Wiederaufbau, die Förderung der Allgemeinbildung und die Heranführung der Frauen an ihre sozialen und staatsbürgerlichen Pflichten.[1] Auch zählt Wechßler zu den Gründerinnen der Weiberfasnacht in Ulm. 

1958 erhielt sie für ihre Verdienste in der Verwundetenbetreuung während des Zweiten Weltkriegs und ihr soziales Engagement das Bundesverdienstkreuz am Bande. Emmy Wechßler starb am 15. Juni 1969 in Ulm.

Ihr aktiver Einsatz in vielen gesellschaftlichen Bereichen verdeutlicht auch das ihr nachgesagte Motto: „Lieber a schaffige Sechzigerin als zwei lahme und uninteressante Dreißigerinnen!“[2]


[1] Vgl. Hauke, Frau, S. 18.

[2] zitiert nach Stadtarchiv Ulm, Hintergrundinformationen, S. 4.


Nachweise:

Frauenbüro Ulm (Hg.)/Hauke, Marie-Kristin (Bearb.): „Frau sein heißt politisch sein“. Frauen in Ulm nach 1945, Ulm 2016.

Frauenbüro Ulm/Ulmer Frauenforum: Ulmer Frauenbewegung im 20. Jahrhundert, Ulm 2006.

Kolb, Chirin: Zwölf Namen für die neuen Ulmer Straßenbahnwagen, in: Südwestpresse (11.12.2019), https://www.swp.de/suedwesten/staedte/ulm/zwoelf-namen-fuer-die-neuen-strassenbahnwagen-24313296.html [25.09.2019].

Raberg, Frank: Wechßler, Katharina Emilie („Emmy“), geb. Gindorfer, in: Biographisches Lexikon für Ulm und Neu-Ulm (2010), S. 456f.

Specker, Hans Eugen: Die Ulmer Bürgerschaft auf dem Weg zur Demokratie. Zum 600. Jahrestag des Großen Schwörbriefs. Begleitband zur Ausstellung (Forschungen zur Geschichte der Stadt Ulm. Reihe Dokumentation 10), Ulm 1997.

Stadtarchiv Ulm: Hintergrundinformationen zur Vita/Bedeutung für die Namensvorschläge für Straßenbahnen, https://cdn.politik-bei-uns.de/files/5614e69d1ae6a03e7a661225/5a1d5a0a1ae6a064994c9d1b/view [25.09.2019].

Ulmer Arbeitskreis „Schule und Archiv“, Ulmer Geschichte im Netz: Foto und Lebenslauf von Emilie (Emmy) Wechßler, https://stadtarchiv.ulm.de/ulmer-geschichte-im-netz/verwaltung-verfassung-gesellschaft/ulm-1918-1933/neue-wahl-und-gemeindeordnungen-der-weimarer-republik [25.09.2019].

 

Postkarte: Frauenbüro Ulm, Postkartenaktion „Frauen bewegen Ulm“ zu 100 Jahre Wahlrecht für Frauen, https://www.ulm.de/aktuelle-meldungen/obb/obb-fb/postkartenaktion-100-jahre.

Foto: Stadtarchiv Ulm.


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1 Kommentar zu Emmy Wechßler

Bernd Lehle
22. August 2021 um 21:01 Uhr

Ab 2023 wird es in Söflingen einen Emmy Wechßler Weg geben. Wäre dieser Text nicht gut geeignet für einen Wikipedia-artikel?

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