Zahide Sarikas

Konstanz
SPD
seit 2013

Zahide Sarikas ist seit 2013 Gemeinderätin und Mitglied des Kreistags in Konstanz. Die Kommunalpolitikerin gehört den SPD-Fraktionen an und ist seit drei Amtszeiten Stimmkönigin ihrer Partei. Für den Konstanzer Stadtrat ist sie aktives Mitglied im Kultur-, Bildungs-, Sozial, und Internationalen Ausschuss sowie im Technischen Betriebsausschuss. Zudem ist sie langjährig im Aufsichtsrat der kommunalen Wohnbaugesellschaft und von „Marketing und Tourismus Konstanz“ sowie im Beirat des Klinikums vertreten. Im Kreis bearbeitet sie ein ähnliches Portfolio und ist zudem im Jobcenter-Beirat sowie Beirätin für die JVA Konstanz und Mitglied etlicher Jurys. Als Politikerin und engagierte Bürgerin ist sie in Konstanz bekannt. Für ihr langjähriges ehrenamtliches Engagement für Migrantinnen in der Bodenseeregion erhält sie 2024 den länderübergreifenden Frauenförderpreis „Prix Wasserfrau“.

Hauptberuflich arbeitet die Stadt- und Kreisrätin aktuell als Projektleiterin im Projekt Xenia, das beim Träger für soziale Arbeit, dem AWO Kreisverband Konstanz e.V., angesiedelt ist. Ziel dieses niedrigschwelligen, frauenspezifischen Integrations-Projekts ist es, geflüchtete Frauen individuell nach ihren Bedürfnissen in unterschiedlichsten Lebensbereichen zu begleiten und ihnen dabei zu helfen, in Konstanz Fuß zu fassen. Daneben hat sie ein 2024/25 vom Landessozialministerium gefördertes Projekt „In Konstanz zu Hause - wir machen mit“ ins Leben gerufen, das sich stärkeres gesellschaftliches Engagement von Frauen mit Zuwanderungsgeschichte zum Ziel setzt. Kürzlich hat Zahide Sarikas berufsbegleitend das Zertifikatsstudium „Migration und Integration“ auf Master-Niveau (PH Ludwigsburg/ Universität Tübingen) abgeschlossen.

In Konstanz ist sie u.a. Mitgründerin und Vorstandsmitglied des Vereins „Save Me“ und des „Runden Tischs für Flüchtlinge“. Hier werden Geflüchtete in ihrem Alltag und in Rechtsfragen, in Schule, Ausbildung und Beruf unterstützt.

Auch jenseits der beruflichen und ehrenamtlichen Arbeit vor Ort setzt sich Sarikas für interkulturellen Dialog ein. Unter anderem leitet sie seit 2010 die sogenannten „Biografiegespräche“ als Austauschplattform zwischen Menschen mit und ohne Migrationsgeschichte. Inspiriert von deutsch-deutschen und deutsch-polnischen Dialogformaten des Vereins Gut Gödelitz, hat sie diese Austauschplattform bundesweit in zwei Dutzend deutschen Städten und sechs Schweizer Kantonen etabliert. Darüber hinaus war sie als Mentorin landes- und bundesweit überparteilich und auch international beteiligt an Aktionsprogrammen zum Thema „Frauen in die Politik“, mit deren Hilfe die Präsenz von Frauen in der Kommunalpolitik nachhaltig erhöht werden soll.
Sowohl ihre Tätigkeit als Projektleiterin als auch ihr kommunalpolitisches und ehrenamtliches Engagement für Migrantinnen ist von ihrem Motto geprägt: „Wir können nicht fordern, wenn wir sie nicht fördern“ – so formuliert sie ihr Anliegen, Frauen mit Zuwanderungsgeschichte vielseitig zu unterstützen und ihre Bedürfnisse und Potentiale zu erkennen. Das beeindruckende Engagement von Zahide Sarikas im Bereich Integration scheint dabei fast keine Grenzen zu haben.

Zahide Sarikas wurde 1964 im ostanatolischen Elbistan (Türkei) geboren. Als Kurdin und Alevitin zählt sie in der Türkei, wo sie ihre Kindheit verbringt, zu einer ethnischen und religiösen Minderheit. Durch damit einhergehende Diskriminierungserfahrungen erfährt sie schon als Kind, was Ungerechtigkeit und Benachteiligung bedeuten. Ihr Vater kommt als sogenannter Gastarbeiter in den 1970er Jahren nach Duisburg. Zahide Sarikas bleibt zunächst mit ihrer Schwester in der Türkei bei ihrem Onkel und ihrer Tante, bevor sie im Alter von 14 Jahren als Teil der „Generation Kofferkinder“ nach Deutschland kommt. Als Jugendliche übernimmt sie hier große Verantwortung, indem sie ihre Eltern bei Behördengängen begleitet und unterstützt. Ihr Vater ist bereits in der Türkei politisch engagiert und Mitglied bei einer türkischen Gewerkschaft. Dieses Engagement setzt er in Deutschland fort und tritt der IG-Metall bei. Zusätzlich nimmt er seine Tochter Zahide bei politischen Veranstaltungen, wie etwa den Demonstrationen zum 1. Mai, mit. Dadurch kommt die heutige Kommunalpolitikerin schon als junges Mädchen mit politischen Themen in Kontakt. Als Jugendliche engagiert sie sich bei den Jusos sowie in kurdischen Vereinen in Duisburg und setzt sich schon im Alter von 18 Jahren für andere Migrantinnen ein, indem sie in Kooperation mit der Volkshochschule türkischstämmigen Frauen beim Lesen- und Schreibenlernen unterstützt. Schon in jungen Jahren legt Zahide Sarikas so die Grundlage für ihr späteres politisches Wirken.

Nachdem ihr türkisches Abitur in Deutschland nicht anerkannt wurde, schließt Sarikas zunächst in Duisburg eine Ausbildung als Erzieherin ab. 1986 zieht sie als 23-Jährige mit ihrem Mann nach Konstanz. Dort baut sie sich ein Familienleben auf und leitet die Geschäfte des erfolgreichen Familienbetriebs, bevor sie sich nach dem Studienbeginn ihres Sohnes entscheidet, 2009 erstmals bei den Kommunalwahlen in Konstanz anzutreten. Ganz knapp schafft sie es nicht in den Gemeinderat, und rückt erst 2013 für Brigitte Leipold nach. 2011 kandidiert Sarikas zum ersten Mal für den Landtag und wird drei Wochen vor den Wahlen Opfer eines Überfalls von Rechtsradikalen in ihrem Büro. Mutig erzählt sie, dass ein Rückzug aus der Politik für sie keine Option war, weshalb sie ein weiteres Mal 2014 für den Gemeinderat und Kreistag kandidiert. Seitdem wird sie als „Stimmkönigin“ regelmäßig wiedergewählt. Dabei lautet ihr inspirierender Leitgedanke: „Wenn einem irgendwas nicht gefällt in der Kommune, muss man mitmachen, mitmischen und mitgestalten“

Die Schwerpunkte ihres ehrenamtlichen und beruflichen Engagements nimmt Zahide Sarikas in ihre kommunalpolitische Arbeit mit hinein. Im Kreistag bringt sie das Thema Würde, Chancen und Gerechtigkeit für geflüchtete Menschen immer wieder ein und versucht, die Sichtbarkeit dieser Minderheit zu stärken. Ihr ist es besonders wichtig, die Perspektiven von Migrantinnen in der Kommunalpolitik miteinfließen zu lassen und sie fragt:
„Wenn wir Diskussionen haben, wenn wir über Flüchtlinge reden, frage ich mich, wo sind sie selbst (in der Kommunalpolitik)?“ In dem hier erkannten Defizit liegt einer der Ursprünge ihres jüngsten Empowerment-Projekts „In Konstanz zu Hause – wir machen mit“, das sich speziell an Frauen mit Zuwanderungsgeschichte richtet.

Für eine nachhaltigere Integration macht sich Zahide Sarikas für das Angebot intensiverer Deutschsprachkurse über mindestens zwei Jahre (und wo nötig: Alphabetisierungs-Kursen) und Mentorinnen-Programme in Schulen stark, um Migrantinnen so eine selbstbewusstere, gesellschaftliche Beteiligung zu ermöglichen. Darüber hinaus setzt Sarikas sich mit Nachdruck für das Thema Bildung ein. In den Gremien hat sie sich für die Einrichtung und Erweiterung einer Gemeinschaftsschule in Konstanz, inklusive gymnasialer Oberstufe, engagiert. „Bei Eltern und Lernenden ist dies jetzt die beliebteste Schulform: ein schöner Erfolg der Kommunalpolitik mit Prinzip und langem Atem“, so Sarikas. Einer frühzeitigen schulischen Trennung von Kindern mit unterschiedlichen sozialen und kulturellen Hintergründen möchte Zahide Sarikas entgegenwirken, weshalb sie die Gemeinschaftsschule für das richtige Modell hält.

Die Abfederung sozialer Härten vor Ort ist für Sarikas Kern der Aufgaben der öffentlichen Daseinsfürsorge: sie selber arbeitet, beispielsweise, an der Stärkung des kommunalen Wohnungsbaus, des sog. Konstanzer Sozialpasses, der Menschen mit geringem Einkommen großzügige Ermäßigungen bei ÖPNV, Kultur, Sport und Erwachsenenbildung gewährt, an Kompromissen zur sozial angepassten Finanzierung der KiTa-Gebühren u.v.m. Daneben gehört für Sarikas zum Zusammenhalt der Stadt auch eine aktive, in die Breite wirkende Kulturpolitik, bei der für sie die Integration aller sozialen Gruppen eine wichtige Komponente ist.

Als Frau mit Migrationsgeschichte war Zahide Sarikas eine Pionierin in der Konstanzer Kommunalpolitik, sowohl im Gemeinderat als auch im Kreistag. Das ändert sich inzwischen langsam, auch dank ihres Engagements. Dennoch sieht sie weiterhin die „Männerdominanz“ in beiden ehrenamtlichen Gremien als strukturelles Problem. Der intensive Zeitaufwand, mit vielen Sitzungen vom Nachmittag bis oft nach 22 Uhr, macht eine Vereinbarkeit von Beruf, Familie und politischem Engagement für viele Frauen kaum möglich. Insbesondere für alleinerziehende Mütter stellt der Zeitaufwand für die Mitarbeit im Gemeinderat und Kreistag eine große Hürde dar. Inzwischen sind zwar mehr Frauen in den kommunalpolitischen Gremien vertreten. Dennoch sollten nach Zahide Sarikas Überzeugung noch viel mehr Frauen – und auch Frauen mit Migrationsgeschichte – ermutigt werden die Kommunalpolitik mitzubestimmen.

Zahide Sarikas ist sicherlich ein Vorbild für viele Frauen und zeigt eindrucksvoll, wie wichtig es ist, auch Migrantinnen in der Kommunalpolitik mitzudenken. „Wo ein Wille ist, ist auch immer ein Weg“ verkündet die Stadt- und Kreisrätin selbstbewusst und tut viel dafür, Frauen mit Zuwanderungsgeschichte zu inspirieren, sich aktiv in die Kommunalpolitik einzubringen.


Quellen

Interview mit Zahide Sarikas am 13.06.2025

Wetschera, Wiebke. 2023. Mehr Frauen in die Kommunalpolitik! Aber wie? Karla Magazin. https://karla-magazin.de/politik/mehr-frauen-in-die-kommunalpolitik-aber-wie (abgerufen am 24.07.2025)

Zahide, Sarikas. Biografiegespräche. https://xn--biografiegesprche-3qb.de/ueber-uns/ (abgerufen am 24.07.2025)


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