Maria Jäger-Schließer

Göppingen
1947-1962
SPD

 

Maria Jäger-Schließer, geb. Schließer, geb. 1890 im Landkreis Biberach, gest. 1962 in Göppingen

verh. mit Christian Jäger, eine Adoptivtochter

Ausbildung zur Köchin, Hauswirtschafterin beim Göppinger Industriellen Bellino, Geschäftsführerin und spätere Besitzerin des Lebensmittelgeschäfts „Ideal“ in Göppingen, nach 1945 Mitbegründerin der Arbeiterwohlfahrt (AWO) im Kreis GP, Mitbegründerin des Einzelhandelsvereins im Kreis Göppingen, 1947 bis 1962 Mitglied des Göppinger Gemeinderats als SPD-Abgeordnete: u.a. im Verwaltungsausschuss, bei den Stadtwerken, im Sozialbeirat, im Gewerbeausschuss, im Göppinger Jugendheim-Ausschuss, im Ortsschulrat und im Maientagsausschuss.

 

Man munkelte, Fräulein Schließer sei der Liebe wegen nach Göppingen gezogen. Aufgewachsen ist sie im Kreis Biberach. Wahrscheinlich war sie bei ihrer Ausbildung zur Köchin im Stuttgarter Hotel Marquardt dem Göppinger Polsterermeister Christian Jäger begegnet. 1930 heirateten sie. Ein kleines Mädchen, die Tochter ihrer verstorbenen Schwester, vervollständigte die Familie. Einen Namen machte sich Frau Jäger-Schließer zunächst in der Stadt als Geschäftsführerin des Feinkosthauses „Ideal” in der Langestraße, das sie ab 1925 führte. Dank ihres starken Willens und ihrer gewinnenden Persönlichkeit gelang es ihr, über all die wirtschaftlichen  Krisenjahre hinweg ihren Kunden außergewöhnliche Lebensmittel anzubieten. Denn sie besaß wirtschaftliche Kompetenz. Sie wusste, wie man Kunden anzusprechen hatte und wie wichtig Netzwerke waren. Sie war, wie ihr Enkel anerkennend feststellte, eine durchsetzungsstarke Persönlichkeit. Und sie war eine unabhängige Frau - dies entsprach nicht unbedingt dem damaligen Frauenbild. Politisches Interesse an der Sozialdemokratie zeigte sie schon als junge Frau in den 1920er Jahren. Ihr Kontakt zur SPD begrenzte sich nicht nur auf das gemeinsame Singen im Arbeitergesangsverein „Freiheit”, dem sie viele Jahre angehörte. „Die Schließer“ war vor 1933 „immer dabei“, erinnerte sich ein SPD-Genosse. Nach dem Zweiten Weltkrieg setzte sie sich mit großem Engagement für den Wiederaufbau der Partei ein, war Mitbegründerin der Arbeiterwohlfahrt im Kreis Göppingen. Im März 1947 übernahm sie den Vorstand der Göppinger SPD-Frauengruppe. Im gleichen Jahr besetzte sie das Amt der Beisitzerin im Ortsvereinsvorstand der Sozialdemokratischen Partei. Einem Zeitzeugen, der sie als junger Mann kennenlernte, blieb sie als „Über-Mutter der Partei“ in Erinnerung. Sie war eine Spätberufene, als sie 1947 in den Göppinger Gemeinderat kam. Bis zu ihrem Todesjahr 1962, 15 Jahre lang, arbeitete sie in zahlreichen Ausschüssen. Ihre beruflichen Erfahrungen brachte sie besonders im Einzelhandelsverband des Kreises Göppingen ein, deren Mitbegründerin sie war. Ein Schwerpunkt ihrer Arbeit als Stadträtin war, sich für die Gewerbeförderung im Kreis einzusetzen. Diese Kompetenz mag auch die örtliche Zeitung anerkennend gemeint haben, als sie in ihrem Nachruf schrieb: „Ihre Sachkenntnis, ihr sicheres Urteil und ihre Energie wurden in der eigenen Partei und der Gemeinderatsfraktion ebenso geschätzt wie von politisch Andersdenkenden.“


Foto: Privat

Der Text stammt aus der Publikation: "1919 bis 2019: Frauen aufs Rathaus. 100 Jahre Göppinger Politikerinnen", Hrsg: Büro für Chancengleichheit der Stadt Göppingen, 2019

 


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