Gisela Mayer

Ellwangen
1980-2004
Ellwanger Frauenliste

Gisela Mayer, Gründerin der Ellwanger Frauenliste, von 1979 bis 2004 Stadträtin und zusätzlich von 1989 bis 2004 Kreisrätin im Ostalbkreis, die "größte Politikerin mit einem vorbildlich sozialen Gewissen, feiert am Sonntag, 30.10.2011 ihren 80. Geburtstag. Mit der Ellwanger Frauenliste, der ersten Frauen-liste der Bundesrepublik Deutschland, wurde sie über Ellwangen hinaus als streitbare Verfechterin für die gleichberechtigte Beteiligung von Frauen in der Kommunalpolitik bekannt.

Gisela Mayer, Tochter eines Amtsgerichtsdirektors, wurde 1931 als zweites von drei Kindern in Stuttgart geboren, wo die Familie während des Krieges und der schweren Luftangriffe auf Stuttgart lebte. Nach dem Abitur 1949 war Gisela Mayer in der Außenhandelsabteilung des VDMA (Verein Deutscher Maschinen- und Anlagenbau, Landesgruppe Stuttgart) tätig. Nach ihrer Heirat 1955 mit Rechtsanwalt Dr. Kurt Mayer zog sie nach Ellwangen. In der Anwaltskanzlei ihres Ehemannes fand Gisela Mayer rasch eine neue berufliche Aufgabe. Gisela Mayer wurde Mutter von fünf Kindern, die alle einen Hochschulabschluss erreichten. Sie setzte sich unermüdlich für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ein. 1968 übernahm Gisela Mayer die Vormundschaft für vier weitere Kinder aus der Nachbarschaft, die 1968 durch einen tragischen Verkehrsunfall zu Vollwaisen wurden.

Mit Gisela Mayer als Büroleiterin wurde das Anwaltsbüro Dr. Mayer & Coll., das 1998 sein 100-jähriges Bestehen feierte, zu einem modernen Betrieb. Besonders die Ausbildung junger Menschen lag Gisela Mayer am Herzen und so wurden dort im Laufe der Jahre zahlreiche Rechtsanwalts- und Notarfachangestellte erfolgreich ausgebildet.

Bereits 1979 gründete Gisela Mayer eine kommunale freie Wählervereinigung, die „Ellwanger Frauenliste" e.V., um den Anteil der Frauen im Gemeinderat zu erhöhen. Zu jener Zeit waren Frauen in der Kommunalpolitik kaum vertreten, Frauen- und Familienthemen spielten schon deshalb so gut wie keine Rolle. Für Gisela Mayer aber war es wichtig, dass die Erfahrung und der Ideenreichtum von Frauen in die Kommunalpolitik mit einfließen. Gisela Mayer trat 1980 erstmals mit ihrer Frauenliste gegen männlich dominierte, verkrustete Strukturen in Ellwangen an. Ihre lokalpolitischen Aktivitäten waren stets starken Widerständen ausgesetzt, auch von Seiten der Presse (nicht aber von der AIZ, die heute noch Gisela Maier als die Größte der Ostalb verehrt).

Ihre Laufbahn in der Kommunalpolitik ergab sich 1979 aus persönlichem Erleben, mit einer Initiative gegen ein umstrittenes Straßenbauprojekt in Ellwangen, der Westtangente. Gisela Mayer entschied sich seinerzeit, mit einer eigenen, parteipolitisch unabhängigen, freien Frauenliste zur anstehenden Gemeinderatswahl anzutreten, und erreichte auf Anhieb 10 %. Im Jahre 1980 zog Gisela Mayer dann erstmals als direkt gewählte Stadträtin der „Ellwanger Frauenliste" in den Gemeinderat der Stadt Ellwangen ein. 1989 errang Gisela Mayer zusätzlich ein Mandat im Kreistag des Ostalbkreises. 104 Kandidatinnen standen auf der Wählerinnenliste der von Gisela Mayer gegründeten Liste der „Freien Wähler Frauen" des Ostalbkreises.

Gisela Mayer war eine streitbare Stadträtin und Kreisrätin, die sich für eine Sache einsetzte und keine Auseinandersetzungen scheute. Sie kämpfte gegen „Filz und Vetternwirtschaft" in der Kommunalpolitik und wollte den weiblichen Blick in die Politik bringen. Dabei stach sie mehrfach in Wespennester. Auch Frauen waren nicht immer unbedingt solidarisch mit ihrer Vorkämpferin und als Kandidatinnen hatten Frauen Angst, sich lächerlich zu machen. Über die Aufstellung der Frauenliste berichteten Funk und Fern-sehen, 1980 sogar das ZDF Heute-Journal.

Kommunalpolitisch erfolgreich waren z.B. ihr Einsatz für den Kauf des Palais Adelmann, die Ansiedelung des Azur-Campingplatzes, die Beleuchtung nach Rotenbach, der Fußweg zum Sonnenbachstausee, die städtischen Sozialmietwohnungen oder das Dorfhaus in Rattstatt. Auch die Gründung der ersten Kindertagesstätte in Ellwangen in der Marienpflege geht entscheidend auf das Konto von Gisela Mayer. Heute befindet sich die Kinderbetreuung Pippilotta in den Räumen der Mayer GbR zentral gelegen in der Spitalstrasse gegenüber dem Rathaus. Angeboten wird die Betreuung der unter 3-Jährigen oder auch die stundenweise Kinderbetreuung. Gisela Mayer stellte ihre Räume anfänglich kostenlos zur Verfügung. Pippilotta wird in Kürze erneut erweitert und nimmt damit Mayers ganzes Gebäude Spitalstrasse 17 ein.

Seit 1988 ist Gisela Mayer auch Geschäftsführerin der im Wesentlichen von ihr gegründeten Grundstücksgesellschaft Mayer GbR, die sich mit dem Erwerb der Sanierung und Bewirtschaftung denkmalgeschützter Gebäude beschäftigt. Im Jahr 1980 wurde Gisela Mayer mit dem Peter-Haag-Preis des Schwäbischen Heimatbundes für ihre denkmalpflegerische Leistung für die Baudenkmale am Marktplatz ausgezeichnet, die sie seinerzeit erwarb und sanierte.

Für ihr soziales Engagement erhielt Gisela Mayer 2007 den „Mittelstandspreis für soziale Verantwortung in Baden-Württemberg", ausgelobt vom Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg. In den Jahren 2008 und 2009 erhielt Gisela Mayer als Geschäftsführerin der Mayer GbR den "Innovationspreis Ostwürttemberg für Talente und Patente". 2008 wurde die Mayer GbR von der Stadt Ellwangen und dem Lokalen Bündnis für Familien für ihre besonderen Bemühungen, das Leben in Ellwangen familienfreundlich zu gestalten, ausgezeichnet.

Gisela Mayer warb für Frauenlisten, gründete einen Landesverband Freier Frauenlisten und verfasste eine "Anleitung zur Gründung von Frauenlisten". In Folge dieses Engagements haben sich im ganzen Bundesgebiet zahlreiche freie Frauenlisten gegründet, die alle erfolgreich waren. Zusätzlich fühlten sich die etablierten Parteien gezwungen, mehr Frauen aufzustellen. Für Ihren Einsatz für die Gleichberechtigung von Frauen in der Kommunalpolitik wurde Gisela Mayer 1996 mit dem "Barbara-Künkelin-Preis" der Stadt Schorndorf ausgezeichnet. 2003 erhielt Gisela Mayer das Bundesverdienstkreuz.

Trotz ihres umfangreichen Engagements auf zahlreichen Gebieten, wurde der Einsatz für die eigene Familie nicht vernachlässigt. Nach dem Tod ihres zweitältesten Sohnes, Dr.-Ing. Dipl. Ing. Wolfgang Mayer, er erlag 2003 einem Krebsleiden, und 11 Monate später 2004 ihres Ehemannes, Rechtsanwalt Dr. iur. Kurt Mayer, beendete Gisela Mayer ihre kommunalpolitische Tätigkeit. Seitdem widmet sie sich ihrer Familie und ist bis heute Geschäftsführerin der Mayer GbR.


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