Erika Gerlach

Mühlacker
1973-2014
CDU

„Tante Erika“, wie sie noch immer von vielen ehemaligen Kindergartenzöglingen liebevoll genannt wird, ist eng mit ihrer Heimatstadt Mühlacker verwurzelt und verfügt neben ihrem vielfältigen sozialen Engagement mit 40 Jahren Gemeinderatszugehörigkeit über die läng­sten kommunalpolitischen Erfahrungen.

Erika Gerlach kam am 7. Februar 1938 als viertes von fünf Kindern des Bahnhofschaffners Wilhelm Gerlach und der gelernten Diakonisse Anna, geb. Plocher, in Mühlacker auf die Welt. Die begeisterte Leichtathletin wechselte 1955 nach dem Gymnasium auf die Haushaltsschule in Ebingen. Daran schloss sich 1956-1958 ein Praktikum in einem Stuttgarter Haushalt an, bevor sie in ihrem „Traumberuf“ zur Kindergärtnerin am Evangelischen Kindergärtnerin­nen-Seminar in Stuttgart (heute Fachhochschule für Sozialpädagogik) ausgebildet wurde.

Nach dem Staatsexamen 1958 folgte die erste Stelle im Kindererholungsheim des Evangelischen Hilfswerks in Königsfeld im Schwarzwald, doch schon im Januar 1960 zog es die junge Erzieherin zurück nach Mühlacker, wo ihr die Leitung des evangelischen Pauluskindergartens in der Hindenburgstraße angeboten wurde. Als „Chefin“ von zuletzt drei weiteren Kolleginnen blieb sie ihrem Kindergarten bis zur Pensionierung im Juli 2001 treu und begleitete viele Praktikanten aus den Fachschulen, aber auch von Haupt- und Realschulen sowie Gymnasien in den Beruf. Als erst 22-jährige Leiterin, die allein für 73 Kinder in einem einzigen Raum zuständig war, hatte sie es aber zunächst schwer, sich Anerkennung zu verschaffen.

Erika Gerlach waren der christliche Geist und die Lehren Friedrich Fröbels in ihrem Kindergarten immer ein besonderes Anliegen. Ihrer Auffassung, dass Kinder Maßstäbe und Grenzen brauchen, die ihnen die Erwachsenen setzen müssen, ist sie dabei immer konsequent gefolgt. Sie ließ sich auch nicht von zeitweise „modernen“ Strömungen, die sich wie die antiautoritäre Erziehung meist schnell wieder überlebt hatten, irritieren. Wichtiger waren ihr in ihrem Berufsleben die Vermittlung bleibender Werte und sozialer Kompetenzen sowie die Integration behinderter und ausländischer Kinder. Gerade auch bei der letzten Gruppe legte sie Wert auf ein gutes Vertrauensverhältnis zu den Eltern.

Ihr eigenes Wirken im sozialen Bereich außerhalb des Berufes zielte immer wieder auf einen Ausgleich zwischen Alten und Jungen, Gesunden und Kranken. So beschränkte sich die Liebhaberin klassischer Musik keineswegs auf zehn Jahre kirchliche Jugendarbeit, sondern macht noch heute häufige Besuche im Seniorenheim. Nach ihren Tätigkeiten als Hauptschöffin beim Amtsgericht Maulbronn und ehrenamtliche Richterin beim Verwaltungsgericht Karlsruhe vermittelte sie im Beirat der Justizvollzugsanstalt Heimsheim zwischen Gefangenen und Anstaltsleitung.

Neben Beruf und sozialem Engagement bestimmte 40 Jahre lang die Kommunalpolitik Erika Gerlachs Leben. Als Ende der 1960er Jahre ihr früherer Französischlehrer und CDU-Gemeinderatsmit­glied Maneval über den politisch interessierten Vater anfragen ließ, ob sie nicht für dieses Gremium kandidieren wolle, musste sie einige Zeit mit Selbstzweifeln käm­pfen. Sie ließ sich durch ihren Vater überzeugen, dass jede/r mit den gestellten Aufgaben wächst. 1973 rückte sie als zweite Frau in den Mühlacker Gemeinderat nach. 1989-1994 und 1999-2004 war sie auch Mitglied des Kreistags.

Respekt in der eigenen Fraktion (seit 1975 ist sie selbst Mitglied der CDU und war etliche Jahre sowohl im Vorstand des Kreisverbandes als auch des Stadtverbandes aktiv) verschaffte sie sich anfangs dadurch, dass sie ihre Sachen packte und ging, als die männlichen Fraktionskollegen sie nicht zu Wort kommen lassen wollten. Dabei lautete ihre Maxime, in der Sache hart zu sein, ohne persönlich zu werden. In den Ge­meinderats­sitzungen und den diversen Ausschüssen, denen sie angehörte, stellte Erika Gerlach Fra­gen auch zu schwierigen technischen Details, die sicher nicht jedem Ratsmitglied auf Anhieb klar waren. Sie meldete sich ansonsten aber nur zu Wort, wenn es noch wesentlich neue Aspekte zu einem Thema gab. Christel Rieke schreibt in ihren „Porträts der Kreisrätinnen“ über sie: „In ihrem Erzählen wird deutlich, wie wichtig Frauen für die Politik sind. ‚Nä­he spürbar machen’ nennt es Erika Gerlach – welchem Mann wür­de das als politisches Ziel einfallen?“

1998 wurde Erika Gerlach für ihr vielfältiges soziales und politisches Wirken mit dem Kronenkreuz in Gold des Diakonischen Werkes und dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Seit 2004 war sie Erste ehrenamtliche Stellvertreterin des Oberbürgermeisters und in dieser Funktion besonders in den Sommerferien häufiger Chefin im Rathaus.

2014 erhielt sie als erste Mühlackerin die „Silberne Ehrennadel Politik der Stadt Mühlacker“ – keine andere Per­son war bisher länger im Gemeinderat tätig gewesen als sie! Kurz bevor sie im Juni 2014 aus dem Gemeinderat ausschied, wurde ihr bürgerschaftliches Engagement außerdem mit dem Bürgerpreis der Bürgerstiftung Mühlacker gewürdigt.


Foto: Stadtarchiv Mühlacker


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